Kleiner KoBoLT 2017

100 Kilometer nonstop auf dem Rheinsteig

Nachdem ich im letzten Jahr den Kleinen Kobolt nach 56 Kilometern verletzt aufgeben musste, war nun Ende November 2017 die Zeit der Revanche gekommen um die offene Rechnung zu begleichen.

 

Im Sommer kam die Zusage, dass ich einen Startplatz zugelost bekommen hatte und wieder auf dem Rheinsteig starten darf.

 

Deshalb gab es für dieses Mal auch nur eine Devise: FINISHEN !

Koste es, was es wolle. Der 100.Marathon wird hier beendet. Nicht mehr und auch nicht weniger!

 

Teil1: Rengsdorf - Arienheller (34km)

Wie schon im letzten Jahr ist der Treffpunkt am Ziel, direkt am Rheinufer. Stefan Scherzer verteilt die Startnummern und gibt ein kurzes Briefing zum anstehenden Abenteuerlauf.

Von den anderen Mitläufern kenne ich keinen. Auf der Busfahrt nach Rengsdorf sitzt ein junger Belgier neben mir, der doch ziemlich dünn angezogen ist. Ich gehe da lieber auf Nummer Sicher und wähle warme Klamotten. Gerade oben auf den Höhen wird es sicher empfindlich kalt und windig werden.

 

Punkt 14 Uhr geht es los. Der Boden ist sehr matschig vom starken Regen der letzten Tage und ich lasse es ruhig angehen. So lande ich zwar am Ende des Feldes, aber die Strecke ist ja sehr, sehr lang.

An den Großteil der Strecke kann ich mich noch ganz gut erinnern. Ich komme im Hellen noch ganz voran und bin voll auf Kurs. Noch ist das Finden der Streckenmarkierung kein Problem.

Ein kurzer Regenschauer setzt kurz vor der Dämmerung ein und dann wird es schnell dunkel. Mein Mütze ist etwas warm, so dass ich häufig zwischen Mütze auf und ab wechsele.

Zwei wichtige Punkte sind mein Mantra für die nächsten Stunden: nicht verlaufen und nicht verletzen.

Der Riesenverlaufer aus 2016 bleibt dieses Mal aus und bis auf einen falschen Abzweig in Rheinbröhl bleibe ich auf Kurs. Kurz vor Arienheller wird es dann stürmisch und ich schaue, dass ich schnell wieder in flachere Gefilde komme.

Um 20.37h bin ich am ersten Verpflegungspunkt bei KM 34. Das ist ok und etwa eine Stunde schneller als im letzten Jahr. Hier gibt es etwas warme Suppe und weiter geht die einsame Reise Richtung Bonn.

  

 

 

 

Teil2: Arienheller - Erpeler Ley (18 km)

Der zweite Abschnitt ist der kürzeste, aber meinen groben Zeitplan kann ich nicht einhalten.

Viel ist matschig ist der Weg an vielen Stellen.

Besonders bergab bin ich sehr dankbar für meine Stöcke und lasse es sehr behutsam angehen.

Unterwegs zur Erpeler Ley gibt erst wieder viel Natur und dann wird Linz am Rhein gequert.

Das sorgt einerseits für Abwechslung und andererseits für schräge Blicke: wer erwartet schon um Mitternacht völlig verdreckte Typen mit Stirnlampen und Stöcken in der Innenstadt???

Zwei Türken schliessen etwas ungläubig ihren Dönerladen zu und zwei junge Damen unterbrechen ihren nächtlichen Streifzug um mir ein "Du schaffst es!" hinterherzurufen.

Gerade als ich an der Linzer Kirche nach links abbiegen will, sehe ich eine Frau in der 2°C kalten Nacht auf einer Bank sitzen und eine große Pizza essen. Sie sieht mich völlig entgeistert an und ruft "Guten Abend"! :-)  Jedem das Seine.

Zur Erpeler Ley geht es dann nochmal steil bergauf und ein heftiger Hagelschauer setzt ein. Bis hierhin kannte ich ja noch die Strecke und ich freue mich auf eine kurze Pause in der warmen Hütte, bevor es wieder in die kalte Nacht hinausgeht.

Um 1.07h ist der nächste Checkpoint erreicht. Ich hatte eigentlich mit 0.30h gerechnet. aber auch so liege ich noch gut zwei Stunden vor der CutOff-Zeit.

 

 

 

 

3.Abschnitt: Erpeler Ley - Rhöndorf (25km)

Gegen 1.30h bin ich wieder unterwegs. In der Hütte habe ich lediglich die Schuhe gewechselt. Die völlig verdreckten Socken sind inzwischen wieder trocken, so dass sie nicht zwingend wechseln muss.

Dort traf ich auch seit 14.20h das erste Mal wieder einen Läufer aus meinem Rennen. Er erholte sich noch etwas länger in der Hütte, wird das Rennen aber letztlich aufgeben.

Die kommenden 25 Kilometer sind totale Dunkelheit und viele Höhenmeter im Wald. Die lange Nacht zieht sich endlos. Mein GPS wird irgendwann schwächer und geht dann ganz aus. Zum Glück habe ich noch Ersatzbatterien dabei, denn 2-3 Mal verlaufe ich mich noch kurzzeitig im Wald.

Kilometerangaben oder sonstige Hilfen gibt es hier nicht, aber ich bin zuversichtlich spätestens gegen 7 Uhr den letzten VP zu erreichen. Ein Irrtum.

Es zieht sich gewaltig. Die Beine sind noch ganz ok, lediglich die Füße schmerzen inzwischen doch ziemlich. Meine  Stirnlampe wird nun deutlich schwächer, aber ich habe keinen Bock den Rucksack abzusetzen und die Batterien zu wechseln. Es wird auch so gehen. Von hinten stürmt ab und an ein Läufer der Kurzdistanz (75km) heran. An denen kann ich leider nicht dranbleiben. Dann wird es doch noch hell und der Drachenfels ist zwischen den Bäumen zu erkennen. Dort wird sich auch der Verpflegungspunkt befinden. Endlich.

Um 7.35h bin ich dann endlich dort. Über sechs Stunden hat der dritte Abschnitt gedauert. Das ist viel und macht nochmal etwas Druck, dass ich das Ziel pünktlich vor 14 Uhr erreiche.

Also wieder nur eine kurze Pause, ordentlich Cola gebunkert, die Stirnlampe verstaut und nichts wie weiter.

 

 

Abschnitt 4: Rhöndorf - Bonn (22km)

Der Anstieg hoch zum Drachenfels ist steil. Aber damit habe ich keine Probleme. Es geht gut voran. Pünktlich zum Panorama-Blick zeigt sich das erste Mal während des Rennens die Sonne. Das bedeutet GLÜCK! :-)

Es gilt es das Monster hier nur zuende zu bringen!

Nun verlässt der Rheinsteig den Rhein wieder und führt durch die Wälder weiter Richtung Petersberg. Der Petersberger Bittweg ist nochmal heftig steil und oben an Deutschlands berühmter Resident drehen wir eine Ehrenrunde, ehe es wieder runtergeht.

Für normale Wanderer mag das nett sein, aber mich nervt es jetzt etwas. Auf geradem Weg wäre das Ziel so nah. Noch 12 Kilometer. Weiter, immer weiter.

Der markante DHL-Turm ist jetzt am Rhein schon deutlich zu erkennen. Ich muss noch einen Bogen durch den Wald laufen. Hier sind jetzt viele Sonntagsspaziergänger und Jogger unterwegs. Zurück in der Zivilisation.

Ein letzter wackliger Abstieg und ich stehe in einem Bonner Vorort. Der zu überquerende Bahnübergang zwingt mich durch seine herabgelassene Schranke zum Warten, aber jetzt ist es fast geschafft. Der Telekom-Campus wird überquert und dann ist der Rhein erreicht. Jetzt geht es nur noch flach ins Ziel. Lasst die Korken schon mal knallen!

Knapp zwei Kilometer geht es auf Asphalt dahin. Die Radfahrer sind hier bestens informiert. Ein Rennradfahrer rauscht von hinten an mir vorbei und ruft mir "Megastarke Leistung!!!" zu. Von vorne kommt der nächste Radfahrer und schreit: "Noch 500 Meter, Wahnsinn!"

Dann gibt es kein Halten mehr. Ich bin wieder am Ruderhaus. 22 Stunden und 38 Minuten war ich unterwegs.

Der 100.Marathon ist geschafft und ich habe den kleinen KoBolt bezwungen. Das war ein würdiges Jubiläum. Michael und Stefan gratulieren mir zum 34.Platz und ich lasse mir "FINISHER 2017"  auf mein Kobolt-Shirt drucken.

Ein unvergesslicher Moment! :-)

  

Der kleine Kobolt war schwierig, matschig und kalt. So wie es sein soll!!!