Trail Römische Weinstrasse 2015



Im Weinberg liegt die Wahrheit

Leiwen an der Mosel war der Austragungsort meines nächsten Laufabenteuers. Ich wusste bereits im Vorfeld, dass es in den Weinbergen sehr steil und warm werden kann. Aber was tut man nicht alles für UTMB-Punkte, schliesslich gibt es 3 Punkte für das Finish des Mega-Ultratrails.


1.Tag: 34km, 900 Höhenmeter

Der erste Tag ist neu in diesem Jahr und wird zum ersten Mal ausgetragen. Ich entscheide mich ohne Stöcke zu laufen, denn 800 Höhenmeter erscheinen nicht so viel zu sein. Ok, es kommt natürlich darauf an, wie steil es werden wird.

Pünktlich um 10 Uhr geht es los. Während die Schnellsten vorne loslaufen wie die Raketen, lasse ich es ruhiger angehen. Nur nicht übertreiben, schliesslich steht morgen die richtigen Bewährungsprobe an.

Nach 5 Minuten ist mein Rücken nass. Die neue Trinkblase ist nicht dicht. So ein Mist! Wenn es helfen würde, würde ich mich ausregen. Aber es lässt sich ja nicht ändern. Ich hoffe nur, dass mein Zutrinken für die heutige Runde ausreichend ist.

Die Ausblicke auf die Mosel sind sehr idyllisch. Hier reiht sich Weinberg an Weinberg und in den höheren Regionen geht die Strecke erstaunlich oft durch den Wald, so dass die Hitze ganz gut zu ertragen ist.

Die Streckenmarkierungen sind gut und lediglich einmal mache ich einen kurzen Umweg als ein umgestürzter Baum den Weg blockiert.

Am einzigen Verpflegungsstand etwa bei der Hälfte der Strecke gönne ich mir Orangen und eine Cola. Heute laufe ich etwa 70% der Zeit völlig allein. Da bin ich für jede Wegmarkierung dankbar, die ich finde.

Nach 4:56h komme ich auf Platz49 ins Ziel. T-Shirt und Hose sind nass vom ausgelaufenen Trinkrucksack, aber ansonsten fühle ich mich noch frisch für die grosse Aufgabe am Sonntag.

Da ich morgen ganz sicher nicht nochmal mit dem nutzlosen Camelbag laufen werde, besorge ich mir im Supermarkt noch kleine Flaschen. Damit sollte es morgen deutlich besser klappen!




2.Tag: 73km, 2680 Höhenmeter

Der Tag als Ultraläufer startet früh, schliesslich ist ja schon um 6 Uhr der Start.

Die Nacht in der Turnhalle war in Ordnung und ich bin bereit für neue Aufgaben. Die Beine fühlen sich auch ganz ok an.

Diesmal geht es erstmal Richtung Mosel. Fast zeitgleich mit dem Start geht die Sonne auf und taucht das Moseltal in rotes Licht. Das wird ein langer Tag werden!

Vier Verpflegungsstellen gibt es heute, bei Kilometer 17, 22, 34 und 56. Mir graut es ein bisschen vor der sehr langen Strecke zwischen VP3 und VP4. Hoffentlich komme ich dort mit 1,5l hin.

Und so kämpfe ich mich die nächsten Stunden bergauf und bergab, durch Wälder, Weinberge und einige Freiflächen. Wenn die Mosel in Sicht kommt, bietet sie malerische Ausblicke.

Es ist hier schon ein schönes Fleckchen Erde. Ein Landschaftslauf wie er im Buche steht, dafür gibt es vielleicht ein Dutzend Zuschauer unterwegs.

Soweit läuft es sich ganz flüssig und ich liege gut im Zeitlimit. Bis zum 3.VP habe ich 75 Minuten Zeitvorsprung herausgelaufen, doch nun wird es hart.

Zum einen wird es sehr warm und zum anderen folgt nun "die Wand". Ich hatte ja keine Ahnung, worauf ich mich einlasse, aber eine fast senkrechte Wand und Drahtseile hatte ich eigentlich nicht erwartet.

Nun gut, ich komme erfolgreich durch die Kletterpassage, auch wenn mich hier die Stöcke etwas behindert haben. Bei Nässe möchte ich sowas aber nicht machen müssen. Die Strecke bis zum 4.Verpflegungsstand zieht sich bedenklich in die Länge. Immer wieder treffe ich nun auf Läufer, die sich am Wegesrand ausruhen. Ich versuche, das Durstgefühl anzunehmen. Hier lerne ich kaltes, klares Wasser wieder so richtig zu schätzen. 

Die Streckenmarkierung ist wirklich gut, aber was mich ein bisschen nervt: es gibt keine Kilometer-Angaben. Nach zwei weiteren kleinen Klettereinlagen ist der Fünfseenblick endlich wieder erreicht und ich kann Wasser und Cola nachtanken.

Auf zum letzten Akt! Knapp 10 Kilometer vor dem Ziel verlassen wir wieder den Wald und Leiwen kommt in Sicht. Zu früh gefreut - unsere Strecke läuft in die andere Richtung weiter. Das ist mental schwierig! Langsam reicht es mir. Es geht nochmal steil bergan und mein Magen rebelliert etwas. Essen kann ich jetzt nichts mehr, aber mit Wasser und etwas Cola wird es schon irgendwie gehen. Jetzt helfen gute Gedanken und letztlich ist es dann auch geschafft.

Nach 13:30h ist der Mega-Ultratrail gefinisht und 3 UTMB-Punkte sind erlaufen. :-)

Jetzt möchte ich erstmal nur noch sitzen und etwas Ordentliches essen. So ist das Leben schön!
In den nächsten Minuten kommen die letzten Läufer in Ziel und wir beglückwünschen uns gegenseitig zum erfolgreichen Tag. Wir haben gemeinsam gelitten, gekämpft und gesiegt!