Global Biking Initiative 2009 Mailand-St. Gotthardt-Düsseldorf


Als ich im Frühjahr von dem Projekt hörte, war ich sofort Feuer und Flamme. Auf der einen Seite die gewaltige Herausforderung mit dem Rad anzugehen und gleichzeitig auch noch Spenden zu sammeln und etwas Gutes zu tun.
Wer meine Projekte bisher verfolgt hat, weiss, dass ich keiner Herausforderung aus dem Weg gehe :-)
Naja, irgendwie werde ich es schon schaffen, bisher ist es ja auch immer noch gut gegangen.

Donnerstag, 11.06.09 Anreise Düsseldorf-Mailand

Nachdem ich mein Fahrrad und Gepäck bereits gestern abgegeben habe, geht es also zu früher Stunde zum Treffpunkt, der Vodafone Zentrale in Düsseldorf. Mit zwei Doppeldeckerbussen geht es Richtung Süden. Ich bekomme einen "Sonnenplatz", beste Aussichten aus der ersten, oberen Reihe.
Das Wetter ist trüb und leicht regnerisch. Von meinem Team 20 sehe ich lediglich ein paar Ägypter aus der Ferne. Um 15h sind wir in der Schweiz und hinter dem St. Gotthardt-Tunnel (17km Länge) schlägt das Wetter um: super Ausblicke, wolkenfreier Himmel, viele Berge mit Wasserfällen. Wir fahren am Vierwaldstätter See, Lago Maggiore und Comer See vorbei.
In Mailand ist es schwül und warm, als wir um 20.30h unseren Zielort erreichen. Meinen Teamcaptain Michael finde ich nun auch. Mein Hotel liegt direkt am Naviglio Grande. Erinnerungen an 2001 werden wach als ich hier acht Monate gearbeitet habe.

Freitag, 12.06.09 Mailand-Ascona

Bei Temperaturen bis 35°C wird es eine heisse Fahrt Richtung Norden. Mein Körper hat sich inzwischen von den Strapazen des Duisburger Halbmarathons erholt und ich fühle mich frisch. Das Abenteuer kann beginnen.
Da ich mit einem Mountainbike fahre, habe ich alle Utensilien im Rucksack. Optimal ist das nicht, aber es wird schon gehen.
Zuerst rollen wir zur offiziellen Verabschiedung zur Vodafone-Zentrale. Team 20 besteht aus vier Deutschen und sieben Ägyptern. Leider kommen wir erst sehr spät los, da noch ein Rad vermisst wird. Nach 500m hat eine Ägypterin einen Platten :-(. Leider erweist sich die Teamzuordnung als in ganz harmonisch. Immer wieder gibt es Pausen und es kommt kein wirklicher Rhythmus auf.
Erst um 18.30h kommen wir aus Como weg (km70). Bis dahin habne wir etwa 50 Prozent der Zeit gewartet. Viele sind frustriert. Deshalb wird nun ein schnelleres Team gebildet. Massimo (mit GPS), Haitham, Gregor, Carsten und ich versuchen die Unterkunft auf zwei Rädern zu erreichen.
Und so reissen wir die Kilometer runter. Ich bin mit der Kraft am Ende, als wir um 21.30h eine Pause machen.
Gregor meint, ich sehe fertig aus. Der Eindruck stimmt. Mann gehts es echt schlecht, ich bin kurz vorm Aufgeben. Doch nach der Pizza geht es wieder besser.
Mit Vollgas geht es durch die Nacht. Auf einem Off-Road-Weg fahre ich vor einen Stein und holte mir einen schönen blauen Fleck am rechten Oberschenkel. Schliesslich erreichen wir doch noch überglücklich die Zivile Schutzanlage in Ascona. Das Tacho zeigt 2.15h und überagende 157km. Wahnsinn! Alle sind sich einig: wir sind nun Team 21!

Samstag, 13.06.09 Ascona-Airolo

Bei bestem Wetter geht es nach vier Stunden Schlaf weiter. Erste Überraschung: heute gibt es kein Frühstück.  Also müssen mich Müsliriegel und Schokolade über den Tag bringen. Wenn man die gestrigen Strapazen bedenkt, fühle ich mich überraschend gut. Wir geben als harmonisches Team ordentlich Gas, schliesslich müssen 90km gefahren werden. Viele hatten vorher den heutigen Tag als Zwischenetappe eingestuft, so kann man sich irren.
In der nachmittäglichen Sonne werden die letzten 20km zur Qual. Es geht nur konstant bergauf, es ist warm, alle sind müde und die Luft ist dünn. Der Körper braucht viel Flüssigkeit. Ein Schild zeigt es an: bis zum Gotthardt-Pass sind es 1750 Höhenmeter auf 44 km. Das sind Jungfrau-Marathon-Verhältnisse! Die rechte Pedale ruckelt etwas, aber es wird schon gehen.
Schliesslich erreichen wir am frühen Abend doch noch die ZSA. Hier ist es sehr eng. Auf 60m² stehen 32 Betten, Platzangst darf man hier nicht haben. Glücklich und erschöpft sieht man über solche Kleinigkeiten hinweg.

Sonntag, 14.06.09 Airolo-Luzern

Heute ist also die Königsetappe. Einigermassen erholt und mit müden Beinen gibt es erstmal ein gute Frühstück mit heisser Milch und frischem Käse - und dann geht es aufwärts.
Nonstop und erbarmungslos. Deshalb heisst es: trinken, trinken, trinken. Soviel wie reingeht. Bergauf bin ich stark. Die anderen aus Team20 liegen deutlich hinter mir. Heute muss jeder sein eigenens Tempo fahren.
Oberhalb der Baumgrenze liegt in den Kehren noch meterhoch der Schnee. Das ist dann jedesmal wie eine kurze Fahrt durch den Kühlschrank. In der zweiten Hälfte des Anstieges hole ich meinen MP3-Player raus, jetzt brauche ich laute Unterstützung! Um 11.10h bin ich oben, JUHU :-) Nun noch schnell die nasse Kleidung wechseln und dann geht es abwärts.
Der Bremscheck fällt ziemlich schlecht aus. Der Techniker korrigiert die Bremsen und lässt mich gerade so weiterfahren ("aber maximal mit 20 km/h, sollte die Bremse reissen, fährst Du sofort gegen den nächsten Abhang"). Das macht Mut. Aber da bin ich selber Schuld, wenn ich Billigware kaufe.
Die Abfahrt ist echt heikel. Ein paar Mal habe ich echt Schiss, weil es so steil ist. Mir tun die Hände weh, aber die Bremsen halten und ich komme lebend in Tal.
Nun rase ich Richtung Luzern. Ich komme schnell voran und finde mit Klaus und Howard eine gute Begleitung. So erreichen wir den Vierwaldstätter See, irren etwas umher und wählen die falsche Seite zur Weiterfahrt. Kurz vor der Fährstelle, im Tunnel bei Bauen, fliegt mir die rechte Pedale weg und meine Tagestour ist kurz vor dem Ziel beendet. Es scheint ein Gewinde gebrochen zu sein. Ich rufe den Support-Bus an, der mich nach 90 Minuten aufnimmt. Unterwegs erfahre ich, dass ein Ägypter bei der Abfahrt der Reifen geplatzt ist und er quasi mit dem Gesicht gebremst hat.
In der Unterkunft stellt sich heraus, dass der Schaden nicht so ohne Weiteres zu beheben ist. Deshalb entscheide ich mich, morgen mit Hartmut auf dem Tandem weiter zu fahren.

Montag, 15.06.09 Luzern-Basel

Heute regnet es. Nach dem Packen fahre ich mit Hartmut zum ausgiebigen Frühstück. Pappsatt geht es los, natürlich mit ziemlicher Verspätung (45 Minuten). Um 19h sollen wir in Basel sein (130km).
Ausser uns fahren noch Eduardo, Diana und Christina aus Griechenland und drei Ägypter mit. Anfangs ist die Tandem-Fahrt ungewohnt, doch dann klappt es ganz gut. Hartmut ist der Captain und ich der erste Offizier.

Zu Beginn hat ein Ägypter grosse Probleme mit der Gangschaltung, dann schwächeln die Griechinnen auf dem Feldweg, so dass es immer wieder Pausen gibt. In Aarau treffen wir auf Team4, die wir von nun an immer wieder treffen.
Ab der Hälfte der Strecke schmerzt der Hintern gewaltig. Da es Hartmut auch nicht besser geht, liegt es wohl am Sattel. Mann, tut das weh! Ich stecke mir Socken in die Hose um den Druck etwas zu schmälern.
Insgesamt ist es bisher der lustigste Tag. Hartmut hat so manchen Gag zu erzählen. Die Harmonie in dieser Gruppe stimmt.
Am Abend beginnt es wieder zu regnen. Das Tandem gibt richtig Gas un lediglich drei Ägypter können folgen. Kurz bevor wir den Luftschutzbunker erreichen, haben zwei Ägypter einen kleinen Zusammenprall. Vor Ort hören wir dann von einem schweren Unfall: ein Mitstreiter ist über Gleise geschlittert, gestürzt und hat sich einen vierfachen Schlüsselbeinbruch zugezogen. Der arme Kerl.
Der Bunker ist der Hammer. In dem hätte man jeden Krieg überstanden, zwei Stockwerke unter der Erde. Im Laufe des Abends trudelt der Rest ein.

Dienstag, 16.06.09 Basel-St. Goar

Zuerst geht es mit dem Bus nach Mainz. Hartmut bestätigt mir, dass mit dem zweitem Tandem alles glatt geht. Natürlich ist in Mainz dann doch alles anders. Vom ersten Tandem fehlen drei Pedale, beim zweiten alles :-(.
Schliesslich können wir eins instandsetzen. Der Neue, Dirk, überlässt mir seinen Tandemplatz, da er noch ein eigenes Rad dabei hat.
Die Fahrt mit Hazem klappt überraschend gut, alle Kurven werden problemlos genommen. Allerdings ist der Sattel absolut indiskutabel. Morgen werde ich mit einem Handtuch fahren. Nach 66km habe ich üble Schmerzen. Zwei Tage muss ich auf dem Sattel noch durchhalten.
In St. Goar sind wir in neuen Pensionen untergebracht. Es herrscht etwas Durcheinander bis jeder sein Gepäck und seine Unterkunft gefunden hat. Ich habe in der "Loreley" ein weiches, frisch bezogenes Doppelbett. Wahrer Luxus nach vier Tagen Masenlager.
Ich bin nun sechs Tage unterwegs, doch es kommt mir viel, viel länger vor. Den ganzen Tag unterwegs sein und abends müde ins Bett fallen, ein schönes Leben ist das!

Mittwoch, 17.06.2009 St. Goar- Troistdorf

Um 9.30h gehts los und bereits nach kurzer Zeit kann ich kaum noch sitzen. Ausserdem ist das tandem heute total lahm. Ich trete wie ein Irrer und dennoch rollen wir nur hinterher. Nachdem die Reibung des Hinterrads verbessert wurde, tausche ich mit Eduardo bis zum deutschen Eck die Plätze. Nun läuft es besser. Ich nutze die Gelegenheit und plaudere mit Christina. Dabei stell sich heraus, dass sie bei Olympia 2004 die Fackel tragen durfte. Solch eine Ehre hätte ich auch mal gerne.
Nun läuft es auf dem Tandem besser. Wir durchqueren Remagen (inkl. Brücke), sehen den Drachenfels und erreichen schliesslich Bonn. Der Rhein-Radweg ist gut besucht und manchmal etwas gefährlich. Mich wundert es nicht, als ich später im Hotel erfahre, dass Diana einen Zusammenprall hatte. Sie ist soweit wohlauf.
Die letzten der heutigen 130km gehen sehr zäh. Erschöpft erreichen wir das Hotel. Alle Anwesenden applaudieren und sogar ein Fernsehteam ist da. Ich habe mir einen ziemlichen Sonnenbrand  und rote ruckstellen am Po geholt.
Morgen gehts nach Düsseldorf und das Abenteuer zuende. Schön wars bisher!

Donnerstag, 18.06.09 Troistdorf-Düsseldorf

Nach kurzer Nacht geht es um 8h los. Wir fahren am Schokoladenmuseum und dem Dom vorbei. Immer wieder sieht man andere Teams. Der Hintern schmerzt und die Zeit wird knapp, denn um 14h sollen wir am Mannesmannufer sein.
Pünktlich kommen wir an. Alle werfen sich in Siegerposen für die Fotos. Danach geht es weiter zum Löricker Strandbad. Hier erwartet uns bereits die Polizei, um uns die letzten Meter zu eskortieren.
Dann beginnt die Triumhfahrt. Der Seestern ist voller Leute. Alle jubeln uns zu, ein herrliches Gefühl. Die Bürgermeisterin und der Off-Road-Kids-Chef halten schöne Reden. Unfassbare 86.440 Euro sind bisher als Spendensumme zusammengekommen. Eine unfassbare Zahl. Da hat sich der Aufwand ja gelohnt.
Eine Asiatin möchte sich mit mir vor dem Tandem fotografieren lassen. Aber gerne :-)
Heute waren es nochmal 83,5km. Ich bin fertig und sehr glücklich.

Hard Facts:

7 Tage

über 200 Fahrer

fast 800km inkl. Alpenüberquerung

Spendenzwischenstand 86.440 Euro

Ich bin sehr stolz dabei gewesen zu sein!